Nachruf auf den Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugen Franz Michalski

Franz Michalski (geboren 17. Oktober 1934 in Breslau; gestorben 25. Dezember 2023 in Berlin) war ein deutscher Überlebender der Shoah, der als Zeitzeuge aktiv war und mit dem Buch „Als die Gestapo an der Haustür klingelte“ 2013 die Erinnerungen an seine Kindheit veröffentlichte. Er war der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa lange Jahre eng verbunden, unter anderem als Mitglied des Freundeskreises der Stiftung.

© Michael Hübner

Zum letzten Weihnachtsabend des Freundeskreises der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa stiegen Franz und Petra Michalski noch vor drei Wochen die vier Stockwerke in Berlin-Wilmersdorf hoch. „Das ist doch kein Problem, wir wohnen selbst im dritten Stock ohne Fahrstuhl. So halten wir uns fit“, war das Hilfe-abwehrende Kommentar von Petra Michalski dazu, während Franz Michalski überzeugend nickte. An der Tafel drehte sich das Gespräch um den Wert, sich für Europa zu engagieren: „Mit der Unterstützung der Jugend stärken wir den europäischen Gedanken.“ Als Europäer bezeichneten sich die beiden stolz, denn Franz und Petra Michalski hatten beide Eltern mit einem internationalen Hintergrund. Sie saßen sich gegenüber, führten mit leidenschaftlicher Mimik und Gestik gemeinsam das Tisch-Gespräch und wirkten verbunden und innig wie ein junges Paar. Das erlaubte uns die Frage nach dem Kennenlernen der beiden.

Ihre persönliche Schicksalsgeschichte ist tatsächlich engstens mit der Geschichte der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa verbunden. Der Vater von Franz Michalski, selbst Katholik aber mit der jüdischen Frau verheiratet, betrieb in Görlitz zunächst eigenständig ein Drogerie-Geschäft, bis er von der Firma Schwarzkopf 1938 seine Handelsvertretung aufgrund seiner Ehe entzogen bekam. Später stellte die Firma Schwarzkopf ihn zwar in Berlin als Vertreter im Außendienst ein und Martha Schwarzkopf, Mutter des Firmeninhabers Heinz Schwarzkopf, versorgte die Familie auch über das Angestelltenverhältnis hinaus mit Lebensmitteln, doch die Hilfe war unzulänglich. Zum Ende des zweiten Weltkriegs floh die Familie durch Osteuropa, musste untertauchen und sich verstecken. In Böhmen erhielt die Familie Hilfe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma Schwarzkopf – dort hatte die Firma einen Produktions-Standort.

Als Mitglied des Freundeskreises der Schwarzkopf-Stiftung unterstützen Franz Michalski die Stiftung, wo es nur ging. Er fehlte auf keiner Veranstaltung und wohnte Diskussionen stets bis zum letzten Wort bei. Sein Charme und seine aufrichtige Art verzauberten seine Zuhörerinnen und Zuhörer immer wieder. Die Schwarzkopf-Stiftung Europa verliert einen seiner größten Förderer und Sinn-Stifter. Wir können Franz Michalski für sein wertvolles Engagement gar nicht genug danken.

Eine Weile nach einem Schlaganfall konnte Franz Michalski in Gesellschaften nicht mehr so gut sprechen. Er hatte stets einen Stift und ein kleines Büchlein in der Innentasche, auf dem er Stichworte schrieb, um sich zu erklären. So konnte er erstaunlich gut das Gespräch führen. Am letzten Abend des Freundeskreises wedelte er mit der Hand vor meinen Augen, zwinkerte mich an und wollte auf den Gastgeber zeigen. Dann schrieb er „ein Ehrenmann.“ Ich zeigte auf ihn, doch er schüttelte den Kopf.

Freundeskreis und Geschäftsführung der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa