Die Geschichte der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa

Am 2. April 1971 gründete Pauline Schwarzkopf in Hamburg die „Heinz-Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa“. In Erinnerung an ihren Mann und die Schrecken des Krieges gab sie der Stiftung die Aufgabe, den europäischen Einigungs- und Friedensgedanken unter jungen Menschen zu fördern. Als Stiftungszweck definierte sie die Stärkung des europäischen Gedankens und der Völkerverständigung, die Förderung von Jugendbildung und die Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft.

Von links nach rechts: Ilka Keuper (ehem. Geschäftsführerin der Schwarzkopf-Stiftung), Martin Hutsebaut (Europäischer Gewerkschaftsbund), Pauline Schwarzkopf.

Pauline Schwarzkopf

Pauline Schwarzkopf wurde 1908 geboren und war Zeitzeugin des Kaiserreichs, der Weimarer Republik, der Zeit des Nationalsozialismus, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Teilung Berlins und Deutschlands. Gegen Ende ihres Lebens, ab 1990, erlebte sie ihr fünftes Deutschland, das wiedervereinigte Deutschland. Ein einiges Europa war für sie die zentrale Lehre aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts, dem „Zeitalter der Extreme“.

Mit 49 Jahren, 1957, heiratete sie den Unternehmer Heinz Schwarzkopf. Gemeinsam engagierten sich Pauline und Heinz Schwarzkopf in ihrer Ehe für Jugendliche aus allen sozialen Schichten und Ländern und führten zahlreiche soziale und kirchliche Ehrenämter aus. Nach 13 Ehejahren verstarb Heinz Schwarzkopf durch einen Verkehrsunfall. Zu seinen Ehren und mithilfe seiner finanziellen Hinterlassenschaften gründete Pauline Schwarzkopf die „Heinz-Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa“.

Die Stiftung war zunächst beim „Internationalen Institut für Politik und Wirtschaft Haus Rissen“ in Hamburg angesiedelt und wechselte 1991 ihren Sitz zur Europa-Union Hamburg. Im Juli 2000 bezog die Stiftung ein festes Domizil in der Sophienstraße in Berlin-Mitte mit eigenen Seminar- und Vortragsräumen.

In den 1970er und 1980er Jahren nahm die Stiftungsgründerin an nahezu allen politischen Seminaren der Stiftung teil und begleitete fast jede Studienreise durch Europa. Sie besuchte mit Jugendlichen die europäischen Institutionen in Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Als erste überparteiliche Organisation fuhr die Stiftung Ende der 1970er Jahre trotz des Eisernen Vorhangs mit Jugendlichen zu europapolitischen Begegnungen nach Polen und in die DDR.

Pauline Schwarzkopf prägte die Stiftung und ihre Arbeit durch ihre emotionale, wertorientierte Persönlichkeit und ihren ausgeprägten Sinn für soziale Gerechtigkeit. Ihr Herz schlug stets für die vom Leben und der Gesellschaft Benachteiligten und für den Gedanken des Friedens.

Mit 97 Jahren, am 25. Dezember 2005, verstarb Pauline Schwarzkopf. Den Vorsitz des Vorstandes der Stiftung hat seit 2000 ihr Adoptivsohn André Schmitz-Schwarzkopf inne.

Wir werden unsere Freiheit mehr als je zuvor vertreten zu haben – nicht durch selbstgerechtes Festhalten an verkrusteten Denk- und Gesellschaftsformen, sondern durch bewiesene Bereitschaft zum Dialog mit der Jugend, zur geistigen Anpassung an eine immer neue Wirklichkeit und zu selbstkritischem Umdenken.

Pauline Schwarzkopf

Heinz Schwarzkopf – biografischer Hintergrund und NS-Vergangenheit

Anlässlich des 100. Geburtstags der Stifterin ließ die Stiftung ein historisches Gutachten über Heinz Schwarzkopf erstellen, welches neue Erkenntnisse über seine NS-Vergangenheit zutage brachte, die vorher nicht bekannt waren: Heinz Schwarzkopf, geboren 1909, trat am 30. April 1933 der NSDAP bei. Ebenfalls wurde er Mitglied der SA und stellte am 1. Juli 1935 einen Antrag zur Aufnahme in die SS. Am 17.2.1938 wurde er schließlich in die SS aufgenommen. Dort gehörte Heinz Schwarzkopf der 7. SS-Reiterstandarte an. Nach Studienabschluss 1934 arbeitete er als Gerichtsassessor und promovierte an der Universität München zum Thema „Treue und Gemeinschaftsgedanken in den Arbeitsverhältnissen des Mittelalters“.
Im August 1939 wurde er zum 203. Infanterieregiment der 76. Infanteriedivision eingezogen und nahm an den Eroberungsfeldzügen gegen Frankreich und die Sowjetunion teil. Im Sommer 1942 wurde Heinz Schwarzkopf schwer verwundet und für den Rest des Krieges mit Schreibarbeiten im Heeresarchiv in Potsdam beschäftigt.

In der Stiftung setzte daraufhin ein Diskussionsprozess ein, bei dem es um die Frage ging, ob die ursprüngliche Namensgebung Heinz-Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa noch tragbar sei. Einerseits gab es dabei Stimmen, die zu bedenken gaben, dass das Leben von Heinz Schwarzkopf symbolhaft für die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts stehe und nach 1945 bis zu seinem Tode geprägt war von gesellschaftlichem und christlichem Engagement für die junge Bundesrepublik. Unter Beleuchtung des Namens und bei vollständiger Transparenz der historischen Fakten in der Öffentlichkeit sei mit Bezug auf diese Geschichte erst recht dem Auftrag der Stiftung, europäische Friedensarbeit zu leisten, nachzukommen.

Namensgebung der Stiftung

Die ursprüngliche Benennung der Stiftung nach Heinz Schwarzkopf legte jedoch, so die Mehrheit im Vorstand, einen Vorbildcharakter seiner Person nahe, der aufgrund der Forschungsergebnisse nicht mehr gegeben war. Der Stiftungsvorstand beschloss deshalb Ende 2008, den Namen der Stiftung in „Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa“ zu ändern und die Arbeit der Stiftung der Gründerin Pauline Schwarzkopf zu widmen. Eine beabsichtigte Umbenennung in „Pauline-Schwarzkopf-Stiftung“ war nicht möglich, da die Stifterin zu Lebzeiten eine namentliche Nennung ausdrücklich abgelehnt hatte. Die Satzung der Stiftung wurde zudem explizit um das Ziel der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus erweitert.

Programmatische Entwicklung der Stiftung

Vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte ihres ursprünglichen Namensgebers, sieht sich die Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa umso mehr dazu verpflichtet, über die Verbrechen des Nationalsozialismus und seiner historischen Kontinuitäten sowie über aktuelle Formen von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus aufzuklären. Seither verpflichtet sich die Stiftung explizit dem Ziel, Dialogräume für junge Menschen unterschiedlicher Hintergründe zu schaffen sowie junge Menschen in Europa darin zu fördern, zu politisch bewussten und verantwortungsbereiten Persönlichkeiten heranzuwachsen, den Gedanken der gesamteuropäischen Völkerverständigung zu stärken und alle Formen von Diskriminierung zu bekämpfen.

Dabei steht – ganz im Sinne der Stifterin Pauline Schwarzkopf – die europäische Idee als zukunftweisende politische Vision im Vordergrund, um ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt zu gewährleisten.

Aus diesem Grund übernahm die Stiftung 2004 die Schirmherrschaft des European Youth Parliament, eine der größten Jugendorganisationen Europas.

Im Jahr 2014 wurde der Margot-Friedländer-Preis ins Leben gerufen, der Schüler*innen darin unterstützt, an den Holocaust zu erinnern und sich gegen aktuelle Formen von Rassismus und Antisemitismus zu engagieren.

2013 erreichte der EU-Kompaktkurs “Europa verstehen” erstmals überregional Schüler*innen und bringt seitdem als Projekt Understanding Europe europäische Themen in die Klassenzimmer vieler Länder Europas.

Seit 2019 erweitert die Junge Islam Konferenz (JIK) die Stiftungsarbeit um eine Plattform, in der sich die postmigrantische Generation konstruktiv zu Themen der Migrationsgesellschaft austauschen kann.

2020 wurden die Bildungsprogramme Young Ambassadors against Antisemitism und Postmigrant Europe ins Leben gerufen und die Stiftung Teil des Kompetenznetzwerks Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft. Damit wurde in der Stiftungsarbeit spätestens seit 2019 neben dem europäischen Fokus ein expliziter Fokus auf Themen der Migrationsgesellschaften gelegt.

Im Jahr 2021 feiert die Schwarzkopf-Stiftung ihr 50-jähriges Jubiläum und damit fünf Jahrzehnte Einsatz für ein junges Europa. Mehr Informationen zum Jubiläum sowie Grußbotschaften von Partner*innen, Jugendnetzwerken und Freund*innen der Stiftung finden Sie hier.

Leitung der Schwarzkopf-Stiftung

Seit ihrer Gründung wurde das Büro der Schwarzkopf-Stiftung von Detlef Rothensee, Manfred Reinhold, Ilka Keuper, Philipp Scharff, Anne Rolvering und Luisa Seiler geleitet. Mehr Informationen über das aktuelle Stiftungsteam unter der Leitung von Tomáš Sacher finden Sie hier.

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